Als recht neuer Scheinpilot hatte ich zwar schon kleinere Streckenflüge rund um den Flugplatz gemacht, aber so richtig weit war ich bisher noch nicht gekommen. Daher war ich natürlich sofort dabei, als Daniel Bernhardt mich fragte, ob ich Lust hätte, ihn auf einem Flug mit dem Arcus am Sonntag den 30.5.21 zu begleiten. Glücklicherweise schien auch das Wetter mitzumachen, die Vorhersage lautete: trockenes Wetter und gute Thermik. Da der Platz in Markdorf zu feucht war, mussten wir auf den Heiligenberg ausweichen.
Sichtlich glücklich: Autor und Pilot nach einem grandiosen Flug
Am Sonntagmorgen trafen wir uns also um 8 Uhr auf dem Heiligenberg, um gemeinsam mit drei Vereinskameraden unseren Flieger aufzubauen. Um 9:30 waren die ersten Cumuluswolken sichtbar und unser Arcus aufgerüstet. Auch das Ultraleicht, das uns im F-Schlepp in die Luft bringen sollte, landete gerade. Es konnte also losgehen. Während wir in den Flieger stiegen, sagte Daniel zu mir: „Schau, dass es nirgends drückt. So sitzt du vielleicht die nächsten neun Stunden.“ Etwas nervös war ich schon, so lange in der Luft zu sein. Mit geballter Kraft von Schleppflugzeug und zwei Helfern, die beim Anrollen mit anschoben, setzte sich der Arcus um 9:55 in Bewegung. Das Ultraleicht schleppte uns bis zum Flugplatz Leibertingen, dem Startpunkt der Aufgabe, die Daniel im Voraus aufgegeben hatte. Nach dem Ausklinken ging es zuerst in Richtung Süden, der Schwäbischen Alb folgend. Die Wolkenbasis war noch recht niedrig und die Thermikbärte noch nicht sehr stark. Somit hangelten wir uns von Wolke zu Wolke, bis wir bei Geislingen die Alb verließen und im Gleitflug Kurs Richtung Schwarzwald nahmen. Dort angekommen fand Daniel einen guten Bart und somit ging es schnell vorwärts zur ersten Wende bei Titisee-Neustadt.
Danach folgten wir dem Schwarzwald in Richtung Norden mit durch große Cumuluswolken gut markierten und starken Bärten. Leider gab es um Freudenstadt ein größeres blaues Loch ohne Wolken, das uns etwas Sorgen bereitete. Trotzdem flogen wir weiter und fanden auch im Blauen ein paar gute Bärte, bis wir den nächsten Cumulus erreichten. Vorbei an der Kontrollzone Stuttgart ging es Richtung Odenwald und der zweiten Wende bei Gemünden am Main. Als wir um ca. 14 Uhr dort ankamen, konnte ich es gar nicht richtig fassen, dass wir es im Segelflugzeug vom Bodensee bis nach Frankfurt geschafft hatten, und auch Daniel war sehr glücklich über den bisherigen Verlauf unseres Fluges.Von dort ging es den Main entlang Richtung Südosten, wobei ich ein kleines Mittagsschläfchen machte, da mein Magen die letzten Bärte nicht ganz so gut vertragen hatte. Als ich wieder aufwachte, befanden wir uns bereits ein ganzes Stück weiter östlich. Leider waren im vor uns liegenden Gebiet rund um den Altmühlsee keine Wolken mehr sichtbar. Daher wichen wir nach Süden von unserem ursprünglichen Kurs ab, um schneller an die nächste Wolke zu kommen. Von dort flogen wir wieder 50km in Richtung der dritten Wende bei Kelheim. Allerdings schien es in unserer Flugrichtung immer weiter abzutrocknen und auch die Bärte wurden weniger und schwächer. Da es auch schon 16:30 Uhr war und wir noch über 200km bis nach Hause vor uns hatten, trafen wir die Entscheidung, nicht mehr bis zur Wende zu fliegen, sondern umzukehren. Der Rückweg über die Schwäbische Alb hat nochmal richtig Spaß gemacht, mit hoher Basis, starken und großen Bärten ging es zügig voran. Bei Aalen trafen wir auf einen Vereinskameraden, mit dem wir uns noch eine kleine Verfolgungsjagd lieferten, bis dieser abdrehte, um zum Flugplatz Mengen zurückzufliegen. Auch wir hatten bei Albstadt fast die Höhe, um nach Heiligenberg zurückzukehren, jedoch war das Ziel der 800km-Strecke, für das uns noch ca. 50km fehlten, einfach zu verlockend, um jetzt nach Hause zu fliegen.
Daher nutzten wir die Abendthermik an der Albkante aus, um noch ums Klippeneck herumzufliegen und, sollten wir es nach Heiligenberg schaffen, die 800 km zu erreichen. Im Endanflug auf Heiligenberg lagen noch 50 km vor uns und uns fehlten 50 Höhenmeter. Nachdem wir schon die Option diskutierten, zum tiefer gelgenen Platz nach Markdorf zu fliegen, fanden wir zum Glück um 19.00 Uhr noch einen 2 m/s Bart, der uns genug Höhe gab, um Heiligenberg entspannt zu erreichen. Nach einem Überflug über den Flugplatz und einem kurzen Jubel über die 800 km auf dem Bordrechner landeten wir nach 9 Stunden und 23 Minuten überglücklich und erschöpft in Heiligenberg.
Für mich war es ein einmaliger Flug, der mir als "Überlandneuling" gezeigt hat, was Streckenfliegen bedeutet und welche psychische und physische Ausdauer man dafür braucht. Vor allem hat es aber Spaß gemacht und ich habe viel gelernt. Ich freue mich auf jedne Fall, in Zukunft mehr Erfahrung im Streckenfliegen zu sammlen, um irgendwann vielleicht selbstständig so eine große Strecke fliegen zu können. Vielen Dank für den schönen Flug und Gratulation für die 800 km an Daniel. Ebenso vielen Dank an die Helfer in der Luft und am Boden.
Nick Schäfer